9.-11.Mai 2025: Meditationsseminar im Exerzitienhaus Birkenwerder

Text Pia Freyschmidt, Fotos; Tobias Schnabel
Vom 9.-11. Mai 2025 fand in Birkenwerder bei Berlin ein Meditationsseminar statt, das in seiner Dichte und Intensität auf so vielen Ebenen noch lange in uns nachwirken wird.
Wir waren eingeladen in das Exerzitienhaus der Karmeliten, um Vorträge von Sr. Mechthild Brömel OCD, Pater Reinhard Körner OCD und Steffen Naumann über Johannes vom Kreuz, Rumi und John Main zu hören, der Musik von Beatrice Cirkel auf Harfe und Flöte zu lauschen, mit Tobias Schnabel in der Stille zu wandern, gemeinsam zu meditieren und die ganz besondere Atmosphäre des Karmels und der wunderschönen umgebenden Natur zu erfahren. So vielseitig wie die Themen der Vorträge waren die Möglichkeiten der Kontemplation auf der Ebene des Geistes, des Körpers und der Sinne. Und so vielseitig waren die Menschen, die dieser Einladung gefolgt waren – vielseitig in ihren Hintergründen und Wegen der Kontemplation. So war es ein ganz besonderes Erlebnis, in der Stille die Einheit und Gemeinsamkeit der verschiedenen Wege zu erfahren, eine lebendige Erfahrung dessen, was uns in den Vorträgen begegnete.
Christiane Floyd eröffnete das Seminar mit einer besonderen Einführung in die Meditation nach John Main, besonders deshalb, weil die Meditation, wie sie John Main lehrte, Teilnehmenden vorgestellt wurde, die andere Formen der Kontemplation oder Meditation praktizieren und aus verschiedenen Traditionen und Glaubensrichtungen stammen. Das Öffnen der Herzen für die Stille, in der uns die Liebe begegnet, eint dabei alle Richtungen – Christiane Floyd erläuterte uns auf diese Weise die universale Bedeutung unseres Eröffnungsgebetes.
Steffen Naumann führte am Freitagabend in das Thema ein, indem er Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der Spiritualität des Johannes vom Kreuz und John Main darstellte. Besonders beeindruckend habe ich dabei die Gemeinsamkeiten der beiden in der Bedeutung der Stille als „Das Wesentlichwerden der Seele bei Johannes vom Kreuz und die Abkehr vom Ego bei John Main“, des Glaubens, „ohne den niemand den Weg durchhält“ und der Transformation als wesentliche Elemente auf dem Weg zur Einung der Seele mit Gott empfunden. „Nichts wollen, um alles zu haben.“ (John Main) – eine wichtige Grundhaltung der beiden „Johannese“, die in den von Steffen Naumann vorgetragenen Gedichten des Johannes vom Kreuz aus der „Dunklen Nacht des Aufstiegs auf den Berg Karmel“ besonders intensiv und berührend wirkte.
Am Samstag stellte P. Reinhard Körner dann die Spiritualität des Johannes vom Kreuz in so persönlicher und lebendiger Weise vor, dass wohl jeder von uns auch im Hinblick auf unseren eigenen Weg davon berührt wurde. Nach einer Übersicht über die wesentlichen Elemente der Spiritualität des Johannes vom Kreuz führte uns P. Körner ausführlicher in die Dunkle Nacht ein, die nach seiner Erfahrung jeden ereilt, der einmal von Gott berührt worden ist. Oft nicht nur einmal, sondern wiederholt im Leben. Seine Beschreibung der Dunklen Nacht der Sinne, in der plötzlich alles anders ist, wenn wir von Gott berührt werden, sowie der Dunklen Nacht des Geistes, als das Gefühl einer Abwesenheit Gottes und als extrem schmerzhafte Erfahrung, machte es möglich, die Momente Dunkler Nacht in unserem eigenen Leben wieder zu erkennen. P. Körner wies darauf hin, wie wichtig es ist, das Phänomen der Dunklen Nacht zu erkennen, um damit umgehen zu können. Es bleibt uns in diesem Moment nur die Möglichkeit, Gott als den anzunehmen, der er ist – ein verborgener Gott. Erst dann, wenn wir ihn nicht mehr fassen oder erkennen wollen, sondern ihn verborgen sein lassen, öffnen wir uns der Möglichkeit, dass er sich hin und wieder zeigt durch sein Wirken in diese Welt und in unser Innerstes hinein. Diese Transformation zum Annehmen und Nicht-Wollen ist elementarer Bestandteil des Verwandlungsprozesses der Dunklen Nacht, der uns öffnet für reine Liebe, die ohne Vorstellungen und Erwartungen ist. P. Körner: „Wenn wir uns entscheiden, mit Gott zu leben, egal ob er nah oder fern ist, wenn wir ihm die Freiheit geben, so zu sein wie er ist, dann erfahren wir, daß Gott uns so liebt, wie wir sind. Es sind Momente der Morgendämmerung, die wir erleben dürfen, das macht Spaß, das ist Freiheit.“
Die anschließende Erläuterung der Skizze des Aufstiegs auf den Berg Karmel war für viele von uns mit einem Aha-Erlebnis verbunden: Wir müssen uns nicht ehrgeizig beim Aufstieg abmühen, wir befinden uns bereits auf dem Hochplateau des Berges, auf dem alles bereits vorhanden ist, wir müssen es nur sehen.
Eine besondere Möglichkeit, die Stille nochmals in einer anderen Dimension zu erfahren, war die von Tobias Schnabel geführte Wanderung in der Stille im angrenzenden Waldgelände, die uns die Möglichkeit gab, das „Nicht wollen, um alles zu haben“ in Verbindung mit der Natur zu erleben.
Am Sonntag erfuhren wird dann von Sr. Mechthild Brömel OCD, wie nah die Liebeslyrik von Johannes vom Kreuz und die von Rumi einander sind. Wir lernten den Sufismus als „Einswerden mit dem Feuer der Liebe“ kennen und erfuhren von Sr. Mechthild, wie die Begegnung mit anderen Traditionen uns in unserer eigenen Tradition vertiefen kann. Durch Erläuterung der Symbolik in der Liebeslyrik des Johannes vom Kreuz und der Sprache der Sehnsucht in Rumis Dichtung, aber auch durch eine sehr lebendige Darstellung der Bedeutung körperlicher Elemente der Spiritualität konnten wir von Sr. Mechthild erfahren: „Liebe, sei sie wirklich oder metaphorisch – letztlich trägt sie den Menschen zu Gott“. Es waren nicht nur die Worte und die innerliche Erfülltheit ihres Vortrags, die dies spürbar machten, es war auch ihre Darstellung des Tanzes der Derwische als „Ausgespannt sein zwischen Himmel und Erde“ und anderer körperlicher Elemente der Tradition der Sufis sowie das Spiel von Beatrice Cirkel auf der Flöte, die dies auf allen Ebenen erfahrbar machten und uns reich beschenkt das Seminar beenden ließen.
Wir danken Christiane Floyd und ihrem Team (außer den bereits erwähnten Mitwirkenden seien hier besonders auch Christine Bornhauser und Renate Spahn genannt) für die hervorragende Organisation, die eine Atmosphäre der Ruhe und des Friedens schuf, in der es möglich war, die Tiefe und Weite des Programms wirklich aufzunehmen.


