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3. Juni 2025
19:00 - 20:00
Online Meditation, Deutsch
Mit Atem- und/oder Körperübungen. Den jeweiligen Text des Tages, findest Du weiter unten auf dieser Seite (weitere Informationen). Verantwortlich: Claudia Jurt Steiger und Daniel Leiggener.

“Die Essenz der Meditation ist zu lernen, zurückzustehen und Gott zu erlauben, sich an die vorderste Stelle unseres Lebens zu setzen, den Schritt zurückzugehen von der Selbst-Zentriertheit hin zur Gott-Zentriertheit. Das Ergebnis ist, dass wir unseren eigenen Platz in der Welt finden, dass sich unsere Beziehung richtig platzieren – unsere Beziehung miteinander, unsere Beziehung zur Schöpfung und unsere Beziehung zu Gott.
– John Main –


Ablauf unserer Meditationstreffen
  • Bitte sich ein paar Minuten vor der vereinbarten Startzeit einloggen
  • Begrüssung
  • Atem- und/oder Körperübungen
  • Eröffnungsgebet
  • 25 Minuten Stille
  • Textlesung
  • Gelegenheit zum individuellen Austausch
  • Schlussgebet

Aus „Der Lehrer in Dir“ von Laurence Freeman

Die Schlüsselfrage S.32/33

Oft üben Antworten jedoch eine fatale Anziehungskraft auf uns aus. Sie geben uns das Gefühl, die Wahrheit in einen Slogan, eine dogmatische Definition oder wissenschaftliche Formel zwängen zu können. Auf die Frage „Wie viele Stockwerke hat das Empire State Building?“ gibt es eine einfache und endgültige Antwort. Tiefere Fragen setzen allerdings voraus, dass wir kontinuierlich und intensiv zuhören. Die Philosophie macht keine Fortschritte, sondern kehrt immer wieder zu den grundlegenden Fragen zurück, die bereits von den ersten Denkern gestellt wurden. Das bedeutet nicht, dass die Wahrheit lediglich ein subjektives Urteil sei oder dass es keine einfachen Wahrheiten in Bezug auf richtig oder falsch gebe (du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst den Armen helfen). Es bedeutet vielmehr, dass sich unsere Art und Weise, auf diese Fragen zu antworten, immer wieder ändert. Kardinal Newman (1801-90), einer der bedeutendsten christlichen Theologen, schrieb The Development of Christian Doctrine, um zu zeigen, dass man die Wahrheit einer Antwort unter anderem eben daran erkennen kann, dass sich ihre Ausdrucksform im Laufe der Zeit weiter entwickelt.

Wenn wir aufhören zu fragen, sterben wir. Wir stellen nur dann keine Fragen mehr, wenn wir am Leben verzweifelt sind oder wenn uns Illusion oder Stolz bezwungen haben. Wie dem auch sei, wir sind kaum bereit, die Illusion aufzugeben, dass eine einzige, endgültige Formel alle Probleme unseres Lebens lösen könnte. Denn nur allzu groß ist die Versuchung, der Herausforderung, vor die das Mysterium des Lebens uns stellt, dadurch auszuweichen, dass wir es auf ein Problem reduzieren. Die Menschen verlangen also weiterhin nach absoluten Antworten – sogar auf erlösende Fragen. Aber gerade diese Art von Fragen frustriert das Ego in seinem Versuch, das Mysterium in den Griff zu bekommen. Die richtigen Fragen rufen uns immer wieder ins Bewusstsein, dass das Leben nicht vor allem ein weltliches Problem ist, sondern ein heiliges Mysterium. Mysterien werden nicht gelöst. Man begibt sich hinein und lässt sich von ihnen umfangen. Die Antwort auf die Frage Jesu über ihn selbst und uns ist keine Diskussion, sondern eine Lebensweise. Seine Jünger wurden ursprünglich „Die, die dem Weg folgen“ genannt.

Alle spirituellen Traditionen schätzten die transformierende Kraft der Frage. Im Zen-Buddhismus ist der Koan eine Frage, mit der der rationale Verstand solange bombardiert wird, bis er den Versuch des Egos stoppt, die Wirklichkeit in den Griff zu bekommen. Wie ein Schlüssel öffnet der Koan den Bewusstseinsraum jenseits des Verstandes, wo die Wahrheit als ungefilterte Erfahrung, als reines Wissen, existiert. Vom Lehrer mit dem Koan konfrontiert, mag sich der rationale Verstand des Schülers in Wut und Frustration winden, während er vergeblich versucht, eine kluge Lösung nach der anderen zu finden. Das Kontrollbedürfnis des Egos, für alles eine Erklärung zu finden, scheint sogar bei einigen Möchtegern-Zen Praktizierenden unstillbar zu sein. In einem Buchladen entdeckte ich einmal ein Taschenbuch mit dem verlockenden Titel Hundert Zen-Koans – und die Antworten darauf!

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